'Das Musikalische Opfer verdankt seine Entstehung dem Besuch Johann Sebastian Bachs beim Preußischen Hof Friedrichs II, an dem sein Sohn Carl Philipp Emanuel als Cembalist wirkte. Über das denkwürdige Ereignis der Begegnung des Königs mit dem 'berühmten Capellmeister Bach aus Leipzig' am 7.-8. Mai 1747 berichteten schon wenige Tage später die Zeitungen in Berlin, Leipzig, Frankfurt, Hamburg und Magdeburg ausführlich (vgl. Johann Sebastian Bach, Leben und Werk in Dokumenten, Kassel und München 1954, S. 70). Sie erwähnen auch bereits Bachs bei Hofe geäußertes Versprechen, das ihm vom König gestellte 'ausbündig schöne' Thema 'in einer ordentlichen Fuga zu Papiere bringen, und hernach in Kupfer stechen lassen' zu wollen. Freilich beschränkte sich Bach nach seiner Rückkehr von der Reise nicht auf die Ausarbeitung der improvisierten Fuge (wie sie wohl in dem 3-stimmigen Ricercar vorliegt). Zu den weiteren Verarbeitungen des Thema Regium zählen das 6-stimmige Ricercar als nachträgliche Erfüllung des königlichen Wunsches nach einer 'Fuge mit sechs obligaten Stimmen', deren Improvisation sich Bach nur mit einem selbstgewählten Thema zugetraut hafte, dann die Triosonate als besondere Gabe an den flötespielenden Monarchen zur Bereicherung seines Kammermusikrepertoires und schließlich eine Reihe von zehn kanonischen Sätzen. Die Komposition des Gesamtwerkes konnte schon im Juli 1747 abgeschlossen werden; der Druck erschien zur Leipziger Michaelismesse Ende September desselben Jahres.
Die ungewöhnliche Publikationsform des Musikalischen Opfers verdeutlicht, dass es nicht als zyklisches Gebilde, also ein auf verbindlich geregelter Satzfolge beruhendes Werk zu gelten hat. Es stellt vielmehr eine Sammlung exemplarischer Kompositionen aus verschiedenen Gattungen dar, aus der man je nach Bedarf auswählen kann. Eine Publikationsanzeige Bachs in den Leipziger Zeitungen vom 30. September 1747 unterstreicht dies: 'Die Elaboration [des Thema Regium] bestehet 1.) in zweyen Fugen, eine mit 3. die andere mit 6. obligaten Stimmen; 2.) in einer Sonata, a Traversa, Violino e Continuo; 3.) in verschiedenen Canonibus, wobey eine Fuga canonica befindlich.' Die vorliegende Edition folgt in der systematischen Ordnung der Sätze dieser von Bach angegebenen Gruppierung. Die in diesem Zusammenhang vorgenommene neue Nummerierung verficht jedoch keine besonderen Ordnungsgrundsätze, sondern stellt lediglich ein Zählprinzip dar (vgl. auch die BWV - Konkordanz im Inhaltsverzeichnis).
Eine Gesamtaufführung des Musikalischen Opfers ist, sofern sie sich nicht historisch rechtfertigen will, durchaus vertretbar...' - Christoph Wolf